Aenne Burda – eine Frau nach meinem Herzen 😉
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- Veröffentlicht: Mittwoch, 19. Dezember 2018 10:52
- Geschrieben von Ruth Gogoll
Das wird einige jetzt wohl überraschen, diese Überschrift, und vor einigen Tagen hätte sie mich wohl auch noch überrascht. Beziehungsweise ich wäre gar nicht auf die Idee gekommen, so etwas zu schreiben, denn alles, was ich bis dahin mit Aenne Burda verband, waren Schnittmuster. Die Schnittmuster, die sich jahrzehntelang in Aenne Burdas Zeitschrift Burda Moden fanden und heute immer noch finden. Das einzige, was modernisiert wurde, war der Name, denn mittlerweile heißt die Zeitschrift Burda Style, vertritt aber immer noch dasselbe Konzept.
Sehr lange wird das vielleicht nicht mehr gut laufen, denn heutzutage ist die Nachfrage nach Schnittmustern doch sehr zurückgegangen. Zu dem Zeitpunkt jedoch, als Aenne Burda diese Idee hatte, war sie revolutionär. Das war direkt nach dem Krieg – Welcher Krieg? höre ich da manche fragen. Ja, ist schon lange her. Glücklicherweise –, und damals war Deutschland ein einziger Trümmerhaufen, alles war grau in grau, auch die Kleider der Frauen. Die der Männer auch, aber die störte das wahrscheinlich nicht so.
Sicherlich hatte man damals, 1949, andere Sorgen als schöne Kleider, aber trotzdem sehnten sich viele Frauen danach. Nach der Schönheit des Lebens generell, die so kurz nach dem Zweiten Weltkrieg für viele fast unvorstellbar geworden war.
Selbst zu diesem Zeitpunkt gab es Leute, die sich durchaus schöne Kleider leisten konnten, jedoch nur sehr wenige. Aenne Burda gehörte dazu, aber im Gegensatz zu anderen Frauen der damaligen Zeit, die sich glücklich schätzten, einen Mann zu haben, der das Geld für sie verdiente, und nur Hausfrau und Mutter zu sein, war das Aenne Burda nicht genug. Sie hatte drei Söhne, aber die Kinder waren nicht mehr klein, und sie hatte Hauspersonal. Da sie eine sehr energiegeladene Person war, kann man sich vorstellen, dass dieses Leben sie nur langweilen konnte.
Anfang Dezember zeigte die ARD einen Zweiteiler über Aenne Burda, die »Königin der Kleider«, und erst dadurch wurde ich auf das Besondere an Aenne Burda aufmerksam. Sie war nämlich eine sehr emanzipierte Frau, auch wenn sie mit der Bewegung der Frauenemanzipation nichts zu tun haben wollte, sie sah sich immer als Einzelkämpferin. Dass sie damit so viel erreicht hat, das ist etwas wirklich Erstaunenswertes.
Insbesondere der erste Teil des Zweiteilers ist sehenswert, denn da geht es darum, wie Aenne Burda sich gegen die reine Männerwelt, die damals auch noch durch Gesetze, die es den Frauen verboten, ohne Zustimmung ihres Mannes zu arbeiten, ein eigenes Konto zu eröffnen oder den Führerschein zu machen, wie eine Festung gegen weibliche Einmischung abgeschottet war, allein mit ihrer eigenen Kraft und Energie durchsetzte, um dann ein Verlagsimperium aufzubauen, das seinesgleichen suchte. Stark und unbeirrbar ging sie ihren eigenen Weg in einer Zeit, als das Frauen eigentlich überhaupt nicht erlaubt war.
Wenn man sich anschaut, wie viel mehr Chancen wir heutzutage haben, müsste eigentlich fast jede Frau eine Aenne Burda sein, denn die Hindernisse, die ihr in den Weg gelegt wurden, kennen wir zum großen Teil überhaupt nicht mehr. Wenn wir wollen, können wir einfach durchmarschieren.
Dennoch bleibt Aenne Burda ein Vorbild, dass man auch etwas aus sich machen kann, wenn man nicht so viele Chancen hat. Vielleicht fühle ich mich deshalb ein wenig mit ihr verbunden, denn ich wurde auch nicht mit einem goldenen Löffel im Mund geboren und musste mir alles, was ich erreicht habe, schwer erkämpfen.
Auch wenn wir beide Verlegerinnen geworden sind, waren meine Träume wohl andere als Aennes, aber das ist ganz egal. Die Hauptsache ist, dass man überhaupt Träume hat. Und dass man sie nicht nur hat, sondern ihnen auch nachgeht, sie soweit wie möglich verwirklicht, sich von nichts aufhalten lässt, wie sehr die Menschen, die anscheinend keine Träume haben oder zumindest nicht an deren Verwirklichung glauben, einen auch davon abbringen wollen.
Wer kommt schon auf den Gedanken, mitten in den grauen Ruinen Deutschlands eine Schnittmusterzeitschrift herauszubringen? Dafür hat man Aenne Burda, obwohl sie eine viel größere Leserschaft zu erwarten hatte, am Anfang genauso für verrückt erklärt wie mich, die ich einen rein lesbischen Verlag gegründet habe.
Die Zeit hat jedoch gezeigt, dass man zu gar nichts kommt, wenn man nicht ein bisschen verrückt ist. 😎
Erst mit 85 Jahren stieg Aenne Burda aus der Verlagsleitung aus, und erst mit 96 Jahren starb sie.
Da habe ich ja noch einiges vor mir. 😏