Über das Schreiben
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Nein, ich bin nicht anderer Meinung, Steffi. 😉 Das hat sich überhaupt nicht geändert. Aufgrund Deines Artikels gestern bin ich noch mal in die Forumsdatenbank gegangen und habe mir die Sachen aus dem Brainstorming zu dieser Geschichte angeguckt. Dabei habe ich mich dann wieder erinnert, dass „Gabrielle“ nie so wirklich das Problem war. Das viel größere Problem ist Sydney.

Gabrielle beziehungsweise Mackenzie ist eine Figur, mit der man sofort in Kontakt kommen kann. Sie hat keine Geheimnisse, ist wie ein offenes Buch. Man weiß sofort, mit was für einer Art von Charakter man es hier zu tun hat.

Dann kommt Sydney und ist so ziemlich das Gegenteil. Sie besteht nur aus Geheimnissen, nichts an ihr ist offen oder einladend. Sie darf sich nicht öffnen, weil das sie selbst und eventuell auch Personen ihrer Umgebung in Gefahr bringen könnte. Aber nicht nur darf sie das nicht, sondern sie will es auch nicht. Ihr Charakter bleibt im Dunkeln.

Und da hatten wir uns damals darüber unterhalten, ob das mit der Methode von Gwen Hayes überhaupt geht. Beziehungsweise ich habe das bezweifelt. Da bin ich mittlerweile tatsächlich anderer Meinung. 😎 Denn obwohl ich das gar nicht vorhatte, habe ich mich dann zum Schluss bei Miryam auch dafür entschieden, mit zwei Perspektiven zu arbeiten. Und das geht, auch wenn man nicht zu viel verraten will.

Für mich war es ziemlich gewöhnungsdürftig, aber viele Autorinnen haben das ja schon immer gemacht. Lange Zeit war mir das sehr fremd, mittlerweile denke ich aber, dass es wahrscheinlich die modernere Art zu schreiben ist. Man muss nur sehr aufpassen, dass man wirklich nicht zu viel über den zweiten Charakter verrät.

Deshalb würde ich sagen, beschäftige Dich jetzt sehr intensiv mit Sydney, schreib ihre Biographie, versuch richtig, in ihren Charakter einzusteigen. Die Eingangsszene mit dem Motorrad, die Du schon im Forum geschrieben hattest, ist sehr schön, daran würde ich nichts ändern, aber mach Dir Gedanken darüber, wo Sydney jetzt gerade herkommt und wo sie hinwill. Auf welchem Weg sie ist.

Das geht ein bisschen in Richtung des mythischen Waldes. An welcher Stelle ihrer „Heldenreise“ durch den mythischen Wald ist Sydney, bevor Mackenzie und sie sich treffen? Ist Kenzie sozusagen die erste „Verbündete“, oder gibt es noch andere? Wer sind die Feinde? Was ist Sydneys Quest oder Suche? Wonach strebt sie? Was muss sie finden, damit diese Suche beendet ist?

Ein Quest ist ja nicht nur eine Suche nach etwas Konkretem, wie bei einer Schatzsuche, sondern es ist immer auch eine Identitätssuche, eine Sinnsuche. So ein bisschen wie ein heiliger Gral, von dem man aber nicht genau weiß, was es ist. Das weiß man erst, wenn an ihn gefunden hat. Wenn man aber nach etwas sucht – oder sogar denkt, man sucht gar nicht, was ich mir bei Sydney auch sehr gut vorstellen könnte –, von dem man gar nichts weiß, dann ist die Suche schwierig.

Deshalb betrachtet Sydney Mackenzie zuerst einmal als Störfaktor. Will aber trotzdem was von ihr, sonst wäre es ja keine Liebesgeschichte. 😊

Umgekehrt ist Mackenzie, weil sie ja Gabrielle ist, natürlich sofort Feuer und Flamme für Sydney. Kenzie ist so beschützt aufgewachsen, dass sie sich gar nicht vorstellen kann, was Sydneys Problem ist, warum sie so zögert, wenn es um ein Näherkommen, um ein Öffnen, um Gefühle geht.

Und auch wenn Kenzie diese Frage am Anfang noch nicht beantworten kann, musst Du als Autorin sie beantworten können. Du musst wissen, was in Sydney vorgeht, auch wenn Kenzie es nicht weiß und sich auch nicht erklären kann. Wenn es sie immer wieder vor den Kopf stößt.