Über das Schreiben
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Das mit der unzuverlässigen Erzählerin ist eine interessante Diskussion. Das erinnert mich ein bisschen an meine eigenen Probleme bei der Blauäugigen Pantherin. Dort gibt es zwar keine unzuverlässige Erzählerin, aber mit Tyra war keine wirkliche Beziehung möglich, also musste ich eine dritte Person erfinden, damit Sascha glücklich werden konnte. Aber bis es soweit war, war das mit viel Leid verbunden. Was ich ziemlich hart zu beschreiben fand.

Also ist es zum Schluss fast egal, ob die Erzählerin unzuverlässig ist oder einfach nur bindungsunfähig oder bindungsunwillig wie Tyra. Es kann sich keine Liebesgeschichte entwickeln. Und wie Du richtig sagst, Hanna, ist das ein Problem. Wenn man ein el!es-Buch schreiben will. 😉 Die Pantherin ist deshalb ja auch knapp daran vorbeigeschrammt, nicht veröffentlicht zu werden. Aber da Ruth glücklicherweise sehr offen ist, auch für anderes und Neues, hat es dann doch noch geklappt. Ich persönlich würde aber kein zweites solches Buch schreiben wollen, denn das war sehr anstrengend und hat viel Zeit und Kraft gekostet. Zwei Figuren, die sich für eine Beziehung eignen, sind da wesentlich einfacher.

Da ist es oft ja eher so, dass man Schwierigkeiten hat, einen Konflikt zu finden, damit sie nicht zusammenkommen, bis es dann am Ende des Buches soweit sein darf. Eine unzuverlässige Erzählerin ist ja aber mehr als ein Konflikt. Ein Konflikt hält die Figuren zwar voneinander getrennt oder trennt sie immer wieder, aber es besteht eine gewisse grundsätzliche Übereinstimmung, dass beide sich geistig in der Realität befinden. Bei Deiner Franzi, Hanna, ist die Realität ja sozusagen nur das, was sie selbst als solche definiert. Was sich sehr von der Realität anderer Personen unterscheiden kann, von so gut wie allen anderen. Also handeln sie nicht auf derselben Basis. Vermutlich wird keine andere Person von Franzi als gleichwertig betrachtet. Und eine Liebesbeziehung sollte immer darauf beruhen.

Durch diese Xena-Gabrielle-Geschichte, mit der ich mich zur Zeit beschäftige, bin ich allerdings auch auf ein gewisses Ungleichgewicht angewiesen. Hier besteht das Ungleichgewicht aber in der mangelnden Lebenserfahrung von Kenzie. Da schlägt die Waage sehr zu Sydneys Gunsten aus. Oder auch Ungunsten. Denn Sydney hat zwar mehr Lebenserfahrung als Kenzie, ist keinesfalls mädchenhaft naiv, aber durch die Art ihrer Lebenserfahrung ist Sydney einer Beziehung gegenüber eher negativ eingestellt. Sie sieht keinen wirklichen Sinn darin, weil das immer nur schiefgehen kann. Während Kenzie immer noch romantischen Träumen nachhängt von einer Beziehung wie im Märchen, ist Sydney weit davon entfernt. Vielleicht hatte sie diese Vorstellung nie, vielleicht hat das Leben sie aber auch einfach nur zynisch gemacht.

Kenzie sieht die Welt in gewisser Weise rosarot. Sie sieht in jedem Menschen etwas Gutes, will jedem Menschen helfen. So etwas wie die Dreierbeziehung, die ich dann mit Tyra, Sascha und Katharina in der Pantherin hatte, wäre für sie wahrscheinlich undenkbar. Für sie gibt es ausschließlich Zweierbeziehungen.

Eine Dreierbeziehung hat aber auch ihre Vorteile. Man kann wesentlich mehr Charaktermerkmale unterbringen, es wird interessanter und spannender. Nur, wie gesagt, fand ich das extrem anstrengend. Weil Sascha sich lange Zeit nicht für Katharina entscheiden kann, Katharina auch nicht so richtig eine Beziehung will, Tyra keine Beziehung will, war es zum Schluss dann schon ein ziemlicher Kraftakt, doch noch ein Happy End zu produzieren. 😀

Da Du von drei Perspektiven gesprochen hast, Hanna, dachte ich sofort daran, wie es mir damit gegangen ist. Schwierig, kann ich Dir sagen. Es hat seine Reize, ja, aber es erfordert viel mehr Planung und Überlegung, alle drei Figuren unterzubringen als nur zwei. Ich persönlich würde aufgrund meiner eigenen Schreiberfahrung damit davon abraten. Aber vielleicht ist Deine Franzi ja auch besser für so etwas geeignet als meine Tyra.