Über das Schreiben
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@Hanna

Da gebe ich Dir natürlich absolut recht. Meiner Diebin ist absolut klar, dass sie etwas tut, das gegen das Gesetz und gegen die Regeln der Gesellschaft verstößt. Da ist für mich auch der Punkt, wo ich mich entscheiden muss. Möchte ich mit meiner Geschichte die Leserinnen etwas an der Nase herumführen oder nicht? Wenn ich meine Leserinnen gegen Ende etwas überraschen will, dann eignet sich natürlich eine unzuverlässige Erzählerin wie meine eher.

Die Leserinnen werden die Geschichte durch mit meiner Heldin mitfiebern und sie in ihr Herz schließen. Am Schluss werden sie erstaunt sein, dass meine Heldin eine Diebin ist. Damit haben sie (hoffentlich) nicht gerechnet. Vielleicht wird ihnen dann auch klar, warum meine Heldin in der ein oder anderen Szene etwas seltsam gehandelt hat. Sie werden dann vielleicht ein Aha-Erlebnis haben. Vielleicht werden sie auch etwas schmunzeln, weil sie mir auf den Leim gegangen sind.

Ganz anders sieht es da bei Deiner Franzi aus. Sie hat da schon eine sehr eigene Sicht der Dinge. So wie Du sie hier beschreibst, denke ich nicht, dass sie als Hauptfigur für eine Liebesgeschichte geeignet ist. Da Franzi sich ihrem love interest doch sehr rücksichts- und gewissenlos gegenüber benehmen würde. Überhaupt der ganzen Gesellschaft gegenüber.

Wenn Franzi Lust hätte mit einer anderen Frau zu schlafen, würde sie das einfach tun. Wenn Franzi Lust hätte, was auch immer zu tun, würde sie das einfach machen ohne schlechtes Gewissen. Daher denke ich, dass sich der love interest von Franzi solch ein egoistisches Verhalten wohl kaum lange bieten lassen würde. Außerdem müsstest Du ja auch noch in der Leserin gewisse Sympathien für Franzi wecken, dass sie mit Franzi mitfiebern und während dem Lesen nicht erkennen, was Franzi in Wirklichkeit für eine ist.

Ja, doch, das sehe ich als ordentliche Herausforderung an, das alles unter einen Hut zu bringen. Damit sage ich aber nicht, dass es unmöglich ist. 😉

Ich sehe Dein Problem, kann Dir aber auch keine Lösung bieten. Franzi wäre für mich jedenfalls keine Hauptfigur, mit der ich mich als Autorin rumschlagen wollen würde, geschweige denn meine (Schreib-) Zeit mit ihr verbringen, weil sie mir schon allein von Deiner Erzählung her unsympathisch ist. Wie die Leserinnen solch eine Hauptfigur annehmen würden, kann ich natürlich nicht beurteilen. Vielleicht müsstest Du mal nach Filmen oder Infomaterial googeln, wo es um solch eine unzuverlässige Erzählerin, wie Franzi eine ist, geht und Dich davon inspirieren lassen. Dann kannst Du immer noch entscheiden, ob Du Deine Zeit mit Franzi verbringen willst, oder ob Du nicht zwei anderen Figuren zu ihrem Liebesglück verhelfen möchtest, die es auch verdient haben. 😉