Über das Schreiben
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Viele Missverständnisse, sodass selbst ganz harmlose Handlungen zu großen Konflikten werden, Hanna? Das klingt gut. 🙂 Hört sich nach einer sehr spannenden Geschichte an.

Ich würde mir jetzt an Deiner Stelle da nicht so viele Gedanken machen. Wenn man zu viel über eine Sache nachdenkt, wird sie manchmal nicht besser. Man muss über seinen eigenen Schatten springen und loslegen.

Du hast offenbar schon eine sehr gute Vorstellung von Deinen Figuren, also warum machst Du damit nicht einfach weiter? Die Figuren machen die Geschichte, so war es immer und so wird es immer bleiben. Folge dem, was Deine Figuren Dir sagen, was sie Dir einflüstern, weil sie das unbedingt tun wollen. Je konfliktreicher das ist, umso besser. Gut, wenn es zu viele Konflikte gibt, wird es wieder zu kompliziert, aber das wolltest Du ja vermeiden und wirst dann schon merken, wie weit die Konflikte noch in Deinen Rahmen passen, den Du Dir vorgenommen hast.

Agatha Christie hat mal gesagt: Ein Buch zu schreiben ist einfach, wenn man erst einmal weiß, was darin passieren soll. Man muss nur aufpassen, dass es nicht zu kompliziert wird. Das kann ich Dir nur ans Herz legen. 😊

Wir Autorinnen neigen manchmal dazu, zu viel auf einmal zu wollen. Wir wollen alles in eine einzige Geschichte packen, wollen jeder Figur ihren Raum geben und ihre eigene Handlung. In einem Mammutwerk mit tausend(en) Seiten ist das vielleicht möglich, in einem el!es-Roman mit üblicherweise 240 Seiten ist das eher kontraproduktiv.

Hier sollten wir uns darauf beschränken, so dicht wie möglich zu schreiben, bei der Kerngeschichte zu bleiben und möglichst wenig drumherum zu erzählen. Niemand braucht die gesamte Familiengeschichte der beiden Hauptpersonen plus noch der Geschichte irgendwelcher Schwestern, Mütter, Tanten, Freundinnen, Arbeitskolleginnen oder sonstwem. Wir sollten immer die Liebe und deren Entwicklung zwischen den beiden Frauen in den Mittelpunkt zu stellen.

Wenn man eine Familiensaga schreiben will, ist das völlig in Ordnung. Nur ist es dann kein Liebesroman mehr und deshalb nicht für el!es geeignet. Dann ist es ein ganz anderes Genre. Das man deshalb auch unter einem anderen Label veröffentlichen sollte.

Also was ist Deine Kerngeschichte? Worum geht es für die beiden Frauen, die Deine Hauptpersonen sind? Was steht für sie auf dem Spiel? Konzentrier Dich darauf. Hängen die Missverständnisse oder die Schatten, über die sie springen müssen, damit zusammen?

Was wollen sie? Das Ziel, das zu erreichen, was sie wollen, müssen sie bis zum Höhepunkt der Geschichte verfolgen. Davon dürfen sie sich nicht abbringen lassen. Der Konflikt ergibt sich dann ganz einfach aus dem, was auch immer ihnen – jeder einzelnen von ihnen – im Weg steht, um dieses Ziel, diese Wunscherfüllung zu erreichen.

Das klingt erst einmal einfach, ist es aber nicht. Da genau kommt das allzu Komplizierte zum Tragen, das wir haben müssen, in zu großer Aufbauschung aber vermeiden wollen. Denn diese Herausforderungen, denen die beiden sich stellen müssen, müssen einerseits praktisch unüberwindlich erscheinen, zum Schluss müssen sie sie aber überwinden können. Je größer und unüberwindlicher der Konflikt, desto größer wird die emotionale Erfahrung für die Leserinnen sein. Was einfach nur bedeutet: Sie werden das Buch spannend finden und zu Ende lesen wollen, um zu erfahren, ob die beiden all das überwinden können, was sich ihnen in den Weg stellt.

Du sagst, Du hast Bedenken wegen der Logik der Geschichte. So, wie ich Dich kenne, glaube ich zwar nicht, dass es damit ein Problem gibt, aber ich verstehe, was Du meinst. Diese Bedenken hat man oft, wenn die Figuren eine auf Wege führen, die nicht zur ursprünglichen Idee der Geschichte zu passen scheinen.

Nur bist es ja zum Schluss Du, aus deren Geist die Figuren entsprungen sind. Und es ist Deine eigene Logik, die sowohl der Geschichte zugrundeliegt als auch den Figuren innewohnt. Diese Deine Logik wird sich nicht alle paar Sekunden ändern. So sind wir Menschen nicht gebaut. Unsere inneren Überzeugungen drehen sich nicht gleich um 180 Grad, wenn wir einmal einen Weg einschlagen, der in eine andere Richtung führt. Äußerlich kann es zwar so aussehen, aber innerlich bleiben wir immer dieselben.

Und dasselbe gilt für Deine Figuren und Deine Geschichte. Selbst wenn die Figuren einmal vom Weg abweichen, wenn sie einen Umweg machen oder sogar auf dem Weg, den sie gegangen sind, umkehren, bleiben sie immer Kinder Deiner Phantasie. Einer einzigartigen Phantasie, die nur Du hast, niemand anderer. Phantasie ist so individuell wie Fingerabdrücke. Und deshalb wird sie auf diese einzigartige Weise auch durch Deine Geschichte führen. Zum richtigen, logischen Ende.

Es würde mich freuen, wenn Du es schaffen würdest, das Buch noch bis zum LLP fertigzustellen, aber mach Dir keine Sorgen, wenn Du es nicht schaffst. Eine gute Geschichte wird bei el!es immer veröffentlicht. Auch noch nach dem LLP. 😎