Über das Schreiben
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Deine letzte Aussage macht mir natürlich schon Mut, Ruth. 🙂 Eine unzuverlässige Erzählerin. Interessant. Ehrlich gesagt wusste ich gar nicht, dass es so etwas gibt. Es würde aber gut zu Franzi passen, das stimmt. Möglicherweise ist Franzi tatsächlich so. Sie glaubt ihre eigenen Lügen. Weil sie für sie die Wahrheit sind. Oder soll sie andere Leute bewusst hinters Licht führen, obwohl sie weiß, dass sie lügt? Das ist  mir jetzt noch nicht so ganz klar.

Dann kann es allerdings keine Liebesgeschichte sein. Denn jede Frau, die sich in Franzi verliebt, hat ja quasi Pech gehabt. Sie wird leiden und von Franzi enttäuscht werden, weil Franzi sich nicht ändern kann oder will. Sie ist so, wie sie ist. Und denkt auch, sie hat das Recht dazu.

Wenn es aber keine Liebesgeschichte ist, was für eine Geschichte könnte es sein? Wäre Franzi dann eher eine Kriminelle? Würde andere Leute belügen und betrügen, und dann kommt eine Kommissarin, die sie überführen will, sich vielleicht ein bisschen in sie verliebt und dann von ihrer wahren Liebe „gerettet“ werden muss? Sodass dann die Kommissarin die Liebesgeschichte hat?

Dann wäre allerdings nur eine Perspektive nicht genug. Franzi hätte die Ich-Perspektive, aber die Kommissarin oder deren wahrer Love Interest müsste auch die Perspektive haben. Drei Perspektiven? Aber nicht alles Ich-Perspektive. Das wäre glaube ich zu verwirrend.

Man konnte natürlich auch so eine Art „Dorfpanorama“ daraus machen, mit ganz vielen verschiedenen Geschichten, die aber alle in dem Dorf spielen. Mit vielen verschiedenen Figuren. Das würde mir sehr gut gefallen. Gerade auch, um mich als Schriftstellerin weiterzuentwickeln, denn bisher habe ich mich doch immer sehr auf die zwei Hauptfiguren beschränkt. Wenn aber jede Figur ihre eigene Geschichte hätte . . . Hm. Muss ich mal überlegen.

Dann wäre Franzi eine von vielen Geschichten. Und sie muss keine Liebesgeschichte haben. Es könnte andere Liebesgeschichten geben. Wäre das aber dann nicht wieder zu viel? Denn es gibt ja durchaus Bücher, die so geschrieben sind, und Du hattest Dich immer sehr dagegen ausgesprochen. Kaum taucht eine Nebenfigur auf, schon wird ihre ganze Lebensgeschichte erzählt, ihre Probleme, ihre Wünsche und Sehnsüchte. Und dann wird die Figur erschossen. Also nur mal so als Beispiel. Die Figur hat keine weitere Bedeutung in der Geschichte, will ich damit sagen. Dennoch bekommt sie die Perspektive, wird eingeführt, als hätte sie eine Bedeutung, wird bis zu einer gewissen Tiefe ausgeleuchtet.

Ist das nicht irreführend? Denn die Leserin weiß ja dann gar nicht, wer die Hauptfigur ist. Oder muss es gar keine Hauptfigur geben? Weil es kein Liebesroman ist? Diese Herangehensweise wirft viele Fragen auf, weil sie praktisch das Gegenteil von dem ist, worüber wir im Forum gesprochen haben.

Der Ansatz war ja immer: Die Hauptfigur hat keine (großen) Probleme, die sogenannte andere Frau hat die Probleme. Die ihr die Hauptfigur dann zu lösen hilft. Wodurch sie zum Schluss ein Paar werden, wenn die Probleme dann aus der Welt geschafft sind.

Mit Franzi stimmt das in gewisser Weise überein, denn sie hat ihrer eigenen Ansicht nach keine Probleme. Sie beschert nur anderen welche. Und ärgert sich vielleicht darüber, dass sie dadurch manchmal selbst Probleme bekommt, weil diese anderen dann nichts mehr mit ihr zu tun haben wollen oder ihr Vorwürfe machen. Aber die Probleme, die sie dadurch bekommt, sind keine tiefgehenden, denn dass sie andere Menschen verletzt, berührt sie ja nicht. Sie sieht es noch nicht einmal. Sie hält die anderen für verrückt und meint, dass sie übertreiben. Weil das, was sie tut, für sie selbst nicht schlimm ist.

Deshalb kann man mit Franzi keine klassische el!es-Geschichte schreiben, weil sie sich niemals darum bemühen würde, einer anderen Person zu helfen, deren Probleme zu lösen. Menschen wie Franzi sind absolut egoistisch, sehen nur ihre eigenen Interessen. Sie sind ein Problem, haben aber keine.

Wenn Franzi aber diese Art von Problem ist, läuft es wieder auf dasselbe hinaus wie in Öffne dein Herz. Nicky leidet unter „Franzi“, aber Franzi ist das egal. Und wiederholen wollte ich mich eigentlich nicht.

Jetzt habe ich mich glaube ich ins Aus geschossen, denn so komme ich nicht weiter. 🤔