Lachend schüttelte Mariana den Kopf. »In diesem Fall nicht. Ich habe mich in Pomona hauptsächlich auf mein PreMed-Studium konzentriert. Das war schon Arbeit genug. Ich hatte kaum Zeit für etwas anderes.«

»Du bist einfach zu gut für diese Welt.« Jackie schmunzelte. »Wie kann ein Medizinstudium wichtiger sein als . . .«, sie machte eine bedeutungsvolle Pause, »die Liebe?« Erneut verdrehte sie die Augen.

»Pass auf die Straße auf!« Automatisch griff Mariana ans Lenkrad. Als Jackie wieder auf die Straße schaute, lächelte sie. »Wie geht es Simon denn? Hat er den Job bekommen, für den er sich beworben hatte?«

»Noch nicht. Aber wir hoffen, das wird noch was. Im Gegensatz zu mir hat er ja ein abgeschlossenes Studium.« Jacqueline seufzte. »Leider ist er einer dieser altmodischen Typen, die meinen, sie könnten nicht heiraten, bevor sie ihre Frau nicht ernähren können.« Schulterzuckend fügte sie hinzu: »Mir wäre das ja egal. Irgendwie würden wir es schon schaffen.«

»Ihr könntet doch wenigstens zusammenziehen. Dann müsstet ihr nicht zwei Wohnungen bezahlen«, schlug Mariana vor.

»Mein Zimmer in der Stadt ist nun wirklich zu klein für zwei«, erklärte Jacqueline stirnrunzelnd. »Und er wohnt draußen auf dem Land. Wie soll ich von da zu meinem Job kommen?«

»Mit dem Auto?« Mariana hob die Augenbrauen.

»Mit dem hier?« Jackie lachte. »Das gehört mir nicht. Das habe ich mir nur geliehen, um dich abzuholen.«

Freundschaftlich legte Mariana eine Hand auf Jacquelines Arm. »Ich hätte mir doch ein Taxi nehmen können.«

»Dann hätte ich dich aber vielleicht gar nicht gesehen vor dem Ball«, sagte Jackie.

Marianas Mundwinkel fielen herunter. »Ach ja, der Ball«, murmelte sie auf einmal verdrossen.

»Bitte, bitte . . .« Flehend blickte Jackie sie an. »Lass ihn nicht ausfallen. Ich habe mich so darauf gefreut. Das ist das erste Mal seit ewigen Zeiten, dass ich wieder auf einen Ball gehen kann.« Sie seufzte. »In einem uralten Ballkleid, weil ich mir kein neues leisten kann.« Schon schmunzelte sie wieder, strahlte auf einmal fast übers ganze Gesicht. »Aber das wird mich nicht am Tanzen hindern. Die ganze Nacht!«

Ihre Begeisterung konnte Mariana zwar nicht teilen, aber sie musste unwillkürlich lächeln. »Wenn das so ist, dann muss ich ja wohl auch kommen«, gab sie gutmütig nach.

4

»Sind die Vorbereitungen abgeschlossen?« Robyn warf einen forschenden Blick in die Runde. »Haben wir alles im Griff?«

Ein halbes Dutzend Augenpaare sah sie an, vier Männer und zwei Frauen.

»Keine Fragen mehr?«, fuhr Robyn fort. »Der Ablauf ist klar?«

Die meisten nickten. Ein jüngerer Mann schien jedoch noch unsicher. »Was ist mit den Hilfskellnern?«, fragte er. »Wer ist für den Nachschub zuständig?«

»Wenn du nicht allein klarkommst, frag Marcia.« Robyn nickte ihm aufmunternd zu. »Sie wird immer irgendwo sein und weiß über alles Bescheid.«

Er schien erleichtert. Allein wäre ihm die Verantwortung wohl zu viel gewesen.

»Und ich bin ja auch noch da«, fügte Robyn beruhigend hinzu. »Eine von uns beiden wirst du immer finden.«

»Alles klar, Boss.« Er straffte die Schultern und setzte eine zuversichtliche Miene auf. »Meinetwegen kann’s losgehen.«

Robyn schmunzelte. »Da bin ich ja froh«, bemerkte sie leicht ironisch. »Dann an die Arbeit!« Sie klatschte in die Hände. »Gebt euer Bestes und dann setzt noch einen drauf!«

Motiviert begab sich die Truppe in den Saal. Vielleicht etwas zu motiviert. Auch das konnte zu unliebsamen Überraschungen führen.

Mit gerunzelter Stirn schaute Robyn ihnen nach.

»Wird schon gutgehen.« Das war Marcia, die da plötzlich an ihrer Seite war. Wie so oft erschien sie wie aus dem Nichts. Ein guter Geist, der immer wusste, wo er gebraucht wurde. »Mach dir keine Sorgen.«

»Ich mache mir keine Sorgen.« Robyn sah sie an. »Aber vielleicht ist Harry doch noch nicht so weit.«

»Ich werde ein Auge auf ihn haben«, versprach Marcia. »Aber ich glaube, er schafft es.«

»Und ich glaube dir, wenn du das sagst.« Vertrauensvoll lächelte Robyn sie an. »Du hast auch schon Mrs. Dilling schwer beeindruckt. Wodurch wir den Auftrag für diesen Ball hier bekommen haben. Das wäre vorher gar nicht möglich gewesen.«

»Ich glaube eher, du hast sie beeindruckt«, widersprach Marcia. Sie seufzte. »Und Smithers hat sich darüber hinaus selbst das Wasser abgegraben. Eine Sibyl Dilling lässt man nicht im letzten Augenblick sitzen. Sie erzählt es allen ihren Freundinnen, und man ist in der Bostoner Gesellschaft erledigt.«

»Selbst so ein alteingesessenes Geschäft wie das von Smithers.« Bedauernd schüttelte Robyn den Kopf. »Dabei ist seine Frau krank geworden, und er musste sich um sie kümmern. Wollte sich um sie kümmern. Hat das über seine Geschäftsinteressen gestellt. Was ja für ihn spricht. Diese Leute kennen wirklich keinerlei Loyalität.«

Marcia lachte. »Oh doch! Die ihrem Geld gegenüber. Glaub mir, die hängen mehr an ihrem Schmuck als an ihren Ehegattinnen und -gatten. Die sind meist ja sowieso nicht ihre eigene Wahl gewesen. Geld heiratet Geld. Etwas anderes kommt überhaupt nicht infrage.«

»Komische Gesellschaft«, meinte Robyn. »Ich bin ja nicht gerade auf Rosen gebettet gewesen, als ich aufgewachsen bin, aber so etwas . . .« Sie schüttelte den Kopf. »Ich dachte immer, reiche Leute sind anders. Die können sich doch alles leisten, müssen sich keine Gedanken um den täglichen Lebensunterhalt machen. Da könnten sie sich doch um die wirklich wichtigen Dinge kümmern. Andere Menschen zum Beispiel.«

»Das tun sie ja.« Marcia zuckte die Schultern. »Deshalb veranstalten sie solche Wohltätigkeitsbälle wie diesen hier. Damit beruhigen sie ihr schlechtes Gewissen.«

Zweifelnd zog Robyn die Augenbrauen hoch. »Haben sie überhaupt eins?«

»Ja, du hast recht«, nickte Marcia. »Sie haben keins. Niemand von denen fühlt sich für jemanden verantwortlich, der kein Geld hat. Oder keinen Namen. Mit dem sie nicht von Kindheit an in ihrer vergoldeten Wiege gespielt haben. Diese Art Bälle werden nur veranstaltet, um das eigene Image zu pflegen. Um vor den anderen Wohlbetuchten gut dazustehen. Deshalb muss einer auch immer prächtiger sein als der andere.«

»Und das Geld geht dann von den Spenden ab, die das Ganze einbringt.« Robyn lachte hohl auf. »Bleibt da für die armen Leute überhaupt noch was übrig, für die das eigentlich sein soll?«

»Soll es ja nicht«, sagte Marcia. »Das ist nur Fassade. In Wirklichkeit tun sie das nur für sich selbst.« Sie zuckte die Achseln. »Aber das ist nicht unser Problem. Wir sollten uns um unsere eigenen Angelegenheiten kümmern.« Sie warf einen fragenden Blick auf Robyn. »Gibt es noch etwas, worum ich mich kümmern muss?«

»Ich glaube nicht. Scheint alles in Ordnung zu sein. Die Vorbereitungen sind abgeschlossen.« Robyn verzog ein wenig das Gesicht. »Wenn Harry nicht die Nerven verliert.«

»Wird er nicht.« Marcia war da offenbar zuversichtlicher als Robyn. »Wir haben schließlich alles x-mal besprochen.«

»Aber vielleicht will er sich beweisen.« Immer noch war Robyn skeptisch. »Dann schießt er über das Ziel hinaus, und schon sitzen wir in der Klemme.«

»Da kenne ich noch jemanden, auf den das mal zugetroffen hat«, blinzelte Marcia sie an. »Und sie hat es auch gelernt.«

»Ja, ich weiß. Wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen.« Robyn lachte. »Du bist die Beste, Marcia!«

»Ich weiß.« An Selbstbewusstsein mangelte es Marcia nicht. »Aber du bist auch nicht schlecht. Kannst dich langsam sehen lassen.«

Robyns Mundwinkel zuckten. »Besser wohl nicht.«

»Doch«, widersprach Marcia. »Du hast schließlich Saaldienst. Damit du alles im Auge behalten kannst. Und zur richtigen Zeit richtig reagieren.«

»Natürlich.« Robyn nickte. »Das werde ich schon hinkriegen.«

»Daran habe ich keinen Zweifel.« Ein Lächeln überzog Marcias Gesicht. »Mrs. Dillings Veranstaltung war da schon eine gute Generalprobe. Und obwohl sie das selbstverständlich als das Highlight der Saison betrachtet hat, ist das hier das wirkliche Highlight. Der absolute Knaller. Alles, was Rang und Namen und natürlich Geld hat, wird hier sein. Die Damen werden sich mit Schmuck behängen, der unbezahlbar ist.«

Kay Rivers: Diebe mit Liebe

1 »Hast du alles?« Während Mariana über ihr Bett gebeugt dastand, um ihren Koffer zu packen, wurde...
Sie stellte das Tablett auf dem niedrigen Tisch zwischen den Sesseln ab und verteilte die Sachen...
Dass sie ihre Mutter überhaupt dazu gebracht hatte, war schon fast so eine Art Wunder. Sie hatte...
Lachend schüttelte Mariana den Kopf. »In diesem Fall nicht. Ich habe mich in Pomona hauptsächlich...
»Noch mehr als bei Mrs. Dilling kann ich mir fast nicht vorstellen«, sagte Robyn. »Da sahen sie...
»Ist es nicht großartig?«, fragte sie jetzt, während sie Mariana ansah. Ihre Augen strahlten schon...
Fast wäre Mariana in Ohnmacht gefallen. Das war wieder typisch ihre Mutter! Ihr kein Wort zu sagen...
War sie jetzt unzivilisiert, weil sie es trotzdem vier Jahre lang getan hatte? fragte Mariana...
Das Ganze dauerte höchstens ein paar Minuten, dann war der Spuk vorbei. Das Licht ging wieder an....
»Aber . . . Aber . . . « Mariana stotterte ein wenig herum. »Das kann doch nicht sein. Hier kommt...
Auch das wäre schlimm für Mariana gewesen, aber sie hätte wenigstens eine Erklärung gehabt. So...
Jackie beispielsweise hätte Mariana natürlich jederzeit in ihrem Schlafzimmer empfangen können....